Eine Geisterschifffahrt auf dem Dachboden des Museumsquartiers Wien, 7. – 16. September 2018!
Im Jahr 1956 erschien der Hollywood Film Moby Dick in der Regie von John Huston, ein zeitloses Meisterwerk der Filmgeschichte, mit Gregory Peck in der Rolle des Ahab. Eine weitere Schlüsselfigur des gleichnamigen Romans von Herman Melville war die Figur des Harpuniers Queequeg, und Huston besetzte sie mit einem Österreicher: Friedrich Anton Maria Hubertus Bonifacius Graf von Ledebur-Wicheln, kurz Friedrich von Ledebur.
Der Wal, der Österreich verschluckte dichtet dem 1986 im oberösterreichischen Schwertberg verstorbenen Schauspieler eine Geschichte dazu: Ledebur kehrt nach einem langen und abenteuerlichen Schauspielerleben ins heimatliche Österreich zurück, wo er über den Dächern der Hauptstadt einen Vergnügungspark, eine Geisterschiffattraktion baut, um die Bevölkerung teilnehmen zu lassen an jenem ungeheuerlichen Vorhaben und Abenteuer, der Jagd nach dem Unbekannten, dem riesigen österreichischen Wal. Gemeinsam mit seiner Schiffsbesatzung, dem Publikum, bereist er die fernen Gestaden des österreichischen Ozeans, seiner neun Inseln, und trifft, immer auf der Suche nach dem Monströsen, auf eigenartige Bewohner, Sitten und Gebräuche…
Der Wal, der Österreich verschluckte ist eine theatrale Umsetzung des Moby-Dick-Motivs, das toxic dreams im vergangenen Jahr mit einer mehrwöchigen Österreichreise entlang der geografischen Mittelpunkte der neun Bundesländer verarbeitete. Der riesige, vom Künstler Paul Horn zum interaktiven, traum-geister-haften Environment aus Objekten, Licht und Sound umgestaltete Dachboden des MuseumQuartier Wien liefert den idealen Schiffsbauch für das Vorhaben. Die in den neun Inseln verarbeiteten Motive beziehen sich großteils auf die von den Länderverwaltungen gestalteten Mittelpunkte sowie auf spezifische politische, historische, landschaftliche und lokale Eigenschaften der jeweiligen Region. Dabei birgt Melville’sche Parabel vom Wal und dem besessenen Kapitän, der seine Crew ins Verderben stürzt, im heutigen gesellschaftlichen und politischen Kontext einige erschreckend zeitgenössische Parallelen…
Mit Didi Bruckmayr, Susanne Gschwendtner, Isabella-Nora Händler, Anna Mendelssohn, Peter Stamer, Yosi Wanunu, Melike Yagiz, Barca Baxant, Duygu Arslan, Onur Poyraz
Konzept,Text & Regie: Yosi Wanunu, Peter Stamer // Raum & Ausstattung: Paul Horn // Musik: Michael Strohmann, Didi Kern, Didi Bruckmayr, Peter Stamer // Produktion: Kornelia Kilga/toxic dreams // Mitarbeit Ausstattung: Armin Spitzer, Christina Lindauer, Saleh Muhamed, Götz Bury, Lotte Lyon, Paulina Semkovicz, Roland Schmidt // Regie- und Produktionsassistenz: Shabnam Chamani
Premiere am 7. September 2018, 18 Uhr, auf dem Dachboden des Museumsquartiers Wien. Vorstellungen: Fr 7. – Sa 8. und Di 11. – Sa 15. September 2018 18.00 + 19.30 + 21.00 Uhr, So 9. + So 16. September 2018 11.00 + 13.00 Uhr (Mo 10.Sep spielfrei)
Ort: Museumsquartier Wien, MQ Dachboden, Museumsplatz 1, 1070 Wien / Eingang und Abendkasse über Stiege 1 im Hof 7 (Einfahrt Volkstheater)
Eine Produktion von toxic dreams // In Koproduktion mit MQ Wien
“Die Presse”, Print Ausgabe, 11. September 2018:
Eine Irrfahrt durchs exotische Österreich
Der Theater-Parcours “Der Wal, der Österreich verschluckte” zeigt das Land durch die Hollywood Brille
“Wie könnte ein Themenpark aussehen, den findige Amerikaner über österreichische Eigenheiten zusammenzimmern? Wie mutet der Blick auf die Bundesländer durch die Hollywood-Brille an? Was kommt dabei raus, wenn man sanfte politische Satire, Fetzen aus dem kollektiven Geschichtsgedächtnis, Klassiker aus der Filmgeschichte und spaßige Performancekunst zusammenwirft
Eine Antwort darauf ist gerade im sonst nicht zugänglichen Dachboden des Wiener Museumsquartiers zu sehen. Die Theatergruppe Toxic Dreams hat dort unter dem Titel „Der Wal, der Österreich verschluckte“ einen szenischen Parcours zusammengestellt, den es in einstündigen Führungen zu erkunden gilt. Durch den voller Schmäh, aber auch unheimlich dekorierten Bretterverschlag führt Friedrich Anton Maria Hubertus Bonifacius Graf von Ledebur-Wicheln (Didi Bruckmayr) – den gab es wirklich, der aus Österreich stammende Weltenbummler und Schauspieler wurde als Südseeinsulaner Queequeg in der „Moby Dick“-Verfilmung von John Huston (1956) bekannt. Hier wird ihm noch ein weiterer Karriereschritt angedichtet: Zurück aus Amerika, geht er nun im österreichischen Ozean gemeinsam mit dem Publikum auf „Walsuche“.
Dabei wird vor allem lustvoll und schrill mit Hollywood-Ikonen und Einträgen aus dem Österreich-Lexikon gespielt – und Gewohntes dabei in ein exotisches Licht gerückt: In schwitzigen gelben Regenmänteln und in Begleitung eines Killerclowns (Stephen King lässt grüßen) geht es vorbei an einem NASA-Astronauten am Holzpferd, Jörg Haiders Beachvolleyballarena, wo wandelnde Starbucks-Becher für Unbeschwertheit werben, und an der burgenländischen Einöde, wo sogar die Flüchtlinge singen: „Holt mich hier raus!“ Figls Weihnachtsrede („Glaubt an dieses Österreich!“) wird als erbauliche Pianoballade vertont, ein Matrosenchor vertreibt den fad gewordenen Jedermann aus Salzburg und in Oberösterreich schmort der letzte Sozialdemokrat im Kochtopf der Kannibalen.”