The amazing toxic dreams and their cast of sad clowns present: “The Circus of Life” am 26. Juni 2015, 19 Uhr,  A – M und 27. Juni 2015, 19 Uhr, N – Z am Tanzquartier Wien

The Circus of Life ist eine performative Weltausstellung des Lebens im 21. Jahrhundert. Entlang des Alphabets entwickelten wir 26 temporäre ‘Pavillons’, die an zwei Abenden à sechs Stunden besucht werden konnten.

Hier geht’s zu den einzelnen Pavillons!

„Der friedliche Wettstreit der Nationen entwickelte sich von einer Leistungsschau zu einer Veranstaltung, die sich als Signal für Menschen, Organisationen und Nationen versteht, um über staatliche Grenzen hinweg an den globalen Herausforderungen der Zukunft zu arbeiten und dabei die Veränderungen der technischen und kulturellen Entwicklung, der politischen Bedingungen und vieles mehr berücksichtigt.“

Dieser Satz nudelte sich durch die Webseite des österreichischen Pavillonbeitrags zur Expo 2015, die in Mailand stattfand. Mehr als 140 Länder stellten sich dort angeblich den Fragen der Zukunft der Menschheit: „Expo Milano 2015 wird eine große Werkstatt der Innovationen sein, welche dabei helfen wird, eine Richtlinie für unsere zukünftige, für alle ausreichende Ernährung zu schaffen.“ Dass dabei ausgerechnet global agierende Ernährungskonzerne wie Nestlé als Hauptsponsor auftraten, die das Menschenrecht auf freien Zugang zu sauberem Wasser durch Kommerzialisierung der Wasserressourcen und Abpumpen des Grundwassers weltweit mit Füßen treten, zeigte, wie man sich die Zukunft vorstellt.

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B as in Beatles

Wir vom Circus of Life sagten daher: vergesst die Zukunft. Unsere 26 Pavillons feiern dagegen das Heute (und ein bisschen das Gestern darin). Wir kümmern uns um die wahrhaft wichtigen Fragen, die den Lebensalltag von uns Zeitgenossen begleiten: die großen Themen um z.B. Tod, Liebe, Marina Abramovic. Oder würde sich sonst irgendeine Expo der Welt des aktuell heißesten Eisens, jenem des Zusammenlebens der Weltreligionen, annehmen? Oh my God, no!

Das internationale Ausmaß unserer zeitgenössischen Fragestellungen konnte daher nicht Halt vor den Grenzen der Nationalstaaten machen. Wir sagten: vergesst die Grenzen. Bei uns bekommen Österreich oder der Iran deshalb keinen eigenen Pavillon, denn wir vom Circus of Life geben uns nicht mit geographischen oder nationalistischen Gliederungen der Welt ab. Wir ordnen stattdessen knallhart und hierarchiefrei nach den Buchstaben des Alphabets. Jawohl. Das Alphabet ist uns Leitfaden genug, der durch die beiden Abende führt. So hatten wir nicht nur kein Problem damit, auf A wie Abramovic das B wie Beatles folgen zu lassen. Man hätte darin sogar einen versteckten Hinweis über die Art und Weise erkennen können, wie wir der Welt des Hier und Jetzt Sinn verleihen. Denn wer A sagt, muss eben immer auch B sagen. Wir trieben unser Publikum so vom Feature Artist Pavillon weiter über die Popmusik zur Kapitalismuskritik, die bei uns mit C as in Cake überschrieben war. Geht’s denn beim Kapitalismus nicht sowieso immer darum, wer am Ende das größte Stück vom Kuchen bekommt? Wissenschaft, Philosophie, Natur, Fremdenfeindlichkeit, Pornographie, Witze, Computer, Krieg, Sport, Radio oder auch die schöne Stadt Wien wurden so von uns durchs Alphabet getrieben, immer weiter, immer weiter von A bis Z, in nie endender Gegenwart.

Wir vom Circus of Life behandelten die wichtigen, aufregenden und überwältigenden Themen und Fragen unseres derzeitigen Lebens wie immer vollkommen objektiv und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen; in unseren 26 verschiedenen Vorführungen, Installationen, Aufführungen, Rezitationen, Spielen, Filmen, Liedern, Dialogen, Tänzen, Aufstellungen, Ausstellungen konnte unser Publikum daher mehr über ihr eigenes Leben in Erfahrung bringen als es selbst zu träumen wagte. The Circus of Life – Eine Angelegenheit für 20 Mio. Besuchern.

H as in Hollywood
H as in Hollywood

DIE PAVILLONS

Freitag, 26. Juni 2015

A: Abramovic – The Feature Artist Pavilion (19 Uhr)

Eine Reihe der bekanntesten Re-Enactments einer der bekanntesten Performerinnen des Planeten und ihrer esoterischen Praktiken. Beachten Sie bitte: The artist is not present.

B: Beatles – The Popular Music Pavilion (ca. 19.30 Uhr)

Vier Sänger treffen sich an der Abbey Road und singen in ihrer jeweiligen Landessprache ihre Lieblingslieder der Fab Four, erzählen dabei, was sie an diesen Liedern berührt, stört, verführt. Tolle Stimmen werden von noch tolleren Stimmen interpretiert.

C: Cake – The Capital Pavilion (ca. 20 Uhr)

Ein performatives Rollenspiel, das dem Weg des Kapitalismus folgt und so seinen Funktionsweisen auf die Spur kommt. Das Publikum wird gebeten, mitzuspielen. Es hat sowieso keine andere Wahl: es gibt kein richtiges Leben im falschen.

D: Death – The After Life Pavilion (ca. 20.30 Uhr)

Unsere schlechte Nachricht: auch wir haben kein Mittel für das ewige Leben gefunden. Die gute Nachricht: wir zeigen Ihnen, wie sie wenigstens eine ‚schöne Leich’ abgeben. Und das ist Ihrer Nachwelt auch etwas wert. Passen Sie aber besser auf, wenn Sie das nächste Mal über die Straße gehen….

E: Eureka – The Science Pavilion (ca. 21 Uhr)

Ich hab’s, schrie der Erfinder, und rieb sich die Glatze, als ihm der Apfel der Erkenntnis auf die Birne gefallen war. Wir spielen in unseren internationalen Forschungslaboren einige dieser Heureka-Experimente für Sie nach und statten Sie mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aus.

F: Feldman – The Serious Music Pavillon (ca. 21.30)

Wir transformieren ein Interview und eine Frage-Antwort Situation aus einer Lecture des mysteriösesten E-Musiker der Moderne in eine Art Oper mit Live Musik.

G: Gehry – The Architecture Pavilion (ca. 22 Uhr)

Wir zeigen als Abschlusspräsentation eines internationalen Architekturwettbewerbs, wie man ein Kunstmuseum in Afrika baut. Oder wo war das noch gleich, Herr Gehry?

H: Hollywood – The Motion Picture Pavilion (ca. 22.30 Uhr)

Talentierte Regisseure und Darsteller erzählen ohne visuelle Hilfsmittel Filmplots, die sie spannend finden. Ein story-telling bis zum ‚final cut’.

I: Ikea – The Home Improvement Pavilion (ca. 23 Uhr)

Dieser Weg zur Kasse wird kein leichter sein: Wir präsentieren das Do-it-yourself-Musical “50 Shades of Ikea” in einem Ikea-Ausstellungs-Store. Lebst Du schon oder schraubst Du noch?

J: Jokes – The Humour Pavilion (ca. 23.30 Uhr)

„Witz: 1. [prägnant formulierte] kurze Geschichte, die mit einer unerwarteten Wendung, einem überraschenden Effekt, einer Pointe am Ende zum Lachen reizt. 2a. Gabe, sich geistrich, witzig, in Witzen zu äußern. 2b. (veraltend) Klugheit; Findigkeit.“ Sagt der Duden, und dem ist nichts mehr hinzuzufügen für unsere internationalen Stand-Up-Routines.

K: Keynes – The Economy Pavilion (ca. 24 Uhr)

Eine Bücheraufstellung mit den witzigsten, pardon: wichtigsten Werken der Ökonomiegeschichte mit Lektüre ausgewählter Passagen. Klingt nicht witzig, ist aber wichtig.

L: Love – The Emotional Pavilion (ca. 0.30 Uhr)

„My love is like a fever“, sagte schon Shakespeare in einem seiner Sonette, und so wollten wir das auch halten in unserer Videoinstallation, für welche wir unserer Suche nach wahrer Liebe ältere Paare zuhause besucht haben.

M: Macintosh – The Digital Life Pavillon (ca. 1 Uhr)

Für Steve Jobs, den Computergott, hätte man eigentlich einen Tempel errichten müssen. Wir widmen ihm zumindest einen ganzen Pavillon, im Stile eines Flagship-Stores. Take a byte of the apple.

Samstag, 27. Juni 2015

N: Nature – The Wilderness Pavilion (19 Uhr)

Hätte es am Anfang der Zeit bereits hochauflösende Kameras gegeben, würden die Filmbilder genauso aussehen wie in dieser Mix-Media-Installation. Kein Mensch weit und breit und damit auch kein Apfel der Erkenntnis. Was für eine beruhigende Vorstellung!

O: OMG – The God Pavilion (ca. 19.30 Uhr)

Adam, gerade noch in Windeln gewickelt, wird nun in heilige Gewänder gekleidet. Ein religiöser Kostümschinken in fünf Akten für den ersten und einen einzigen Menschen.

P: Porn – The Sexual Pavilion (ca. 20 Uhr)

In diesem gänzlich abgedunkelten Raum gibt es nichts zu sehen, wir vertrauen gänzlich den Verführungskünsten der Zunge. Just oral history…

Q: Quiz – The Choice Pavillon (ca. 20.30 Uhr)

Eine Spielshow im Stile der amerikanischen Gameshow ‚Family Feud’. Nur treten hier nicht Familien gegeneinander an, sondern unsere Zuschauer. Sie sollen die richtigen Antworten finden auf die Frage: Wie denkt das Volk?

R: Radio – The Old Technology Pavilion (ca. 21 Uhr)

Eine Radioshow. Das ist, wenn wenige sprechen und fast alle nur zuhören. Radio halt.

S: Sport – The Chess Pavilion (ca. 21.30 Uhr)

Ein von den Zuschauern selbst nachgestelltes Schachspiel der Schachgroßmeister Bobby Fisher (USA) und Boris Spassky (UdSSR) aus dem Jahr 1972, in welchem es in jedem Zug um nicht weniger als um Sieg oder Vernichtung des jeweils anderen Systems ging. Mit Liedern von Queen.

T: Tarantino – The Feature Director Pavilion (ca. 22 Uhr)

Ein tableau vivant aus ‚Reservoir Dogs’: Mr. Pink trifft Mr. Black trifft Mr. White trifft Mr. Brown trifft Mr. Orange, und am Ende sind alle tot. Oder, Hunde, wollt ihr ewig leben? Mit einem sehr passenden Song aus Stephen Sondheims Musical ‚Assassins’.

U: Undercooked – The Food Pavilion (ca. 22.30 Uhr)

Eine Schnellsiedekochkurs für Anfänger und solche, die es werden wollen. Für Leib und Magen

V: Vienna – The Feature City Pavilion (ca. 23 Uhr)

Ein live gesungener Liedbeitrag unter Zuhilfenahme von Billy Joels gleichnamigen B-Seiten-Hit mit gleichzeitiger Liebeserklärung an Wien und einige WienerInnen.

W: Witness – The War Pavilion (ca. 23.30 Uhr)

Augenzeugenberichte aus aktuellen und ehemaligen Kriegsgebieten. Mehr gibt es nicht zu sagen.

X: Xenophobia – The Human Species Pavilion (ca. 24 Uhr)

Eine Filminstallation über eine schlecht angesehene und politisch vernachlässigte Spezies: den weißen, heterosexuellen Mann.

Y: Youtube – The People’s Art Pavilion (ca. 0.30 Uhr)

Eine Hommage an unser liebstes Fenster zur Welt, das unser Leben mit Katzenvideos, Bibis Beauty Parlor oder epic fails bereichert. Und das bereits seit 10 Jahren.

Z: Zizek – The Philosophy Pavilion (ca. 1 Uhr)

Unser intellektueller pervert’s guide zu dem GRÖPHAZ, dem Größten Philosophen Aller Zeiten, wie er uns in spektakulären Filmszenen den Treppenwitz des Lebens erklärt. Für Proletarier aller Länder geeignet.Circus of Life_The Feature Director_photo by TimTom

Mitwirkende: Irene Cotichhio, Stephanie Cumming, Magda Loitzenbauer, Anat Stainberg, Peter Stamer, Yosi Wanunu, Markus Zett

Musik: Alexander Kranabetter (Trompete), Martin Burk (Kontrabass), Martin Siewert (Gitarre, Lap- und Pedal Steel, Electronics), Michael Strohmann (Bass), Alexander Yannilos (Drums) und Peter Stamer (Keyboard)

Gäste: Arne Forke, Walter Heun, Robert Radelmacher, Peter Leeb, Lisbeth N. Trallori, Erich Dittrich, Barbara Gabriel, Jani Jan J., Reinhard Schurawitzki, Waltraud Widmoser, Susanna Gruber, Roman Schanner, Amelie Sztatecsny, Peter Warta, Jonas Ferdinand Kilga u.a.

Video: Michael Strohmann, Timotheus Tomicek

Kochworkshop: Andreas Strauss

Bühne: Paul Horn

Regieassistenz: Claribel Koss

Konzept und Regie: Yosi Wanunu und Peter Stamer

Produktion: Kornelia Kilga